Halle HBF, 17. Vermessung
01. Juli 2008, Text: André Schinkel
Vermessenheit
Der Stab kommt aus der Tiefe des Raumes,
Schwarz-rot, schwarz-rot, schwarz-rot,
Die Blicke verspätet, ungläubig, ein Zug von
Leeren Betrachter-Gedanken, gleichviel.
Ob du ankommst oder nicht, ist die Frage
Dabei, in den Gedanken des Lichts, die
Sich in den Raum fortsetzen, von den unsteten
Fotos flankiert, im Zoom, im Menschenzoo
Halle, wo die Taube, bärengrau, steppt – von
Keinem bemerkt, der es herauspauken
Könnte; beständig ins Messen verlegt, gen
Erfurt und Leipzig, oder aber ins kühle
Walhall unserer allgemein-verbindlichen Trauer:
Jenes Schwarzrot, schwarz, rot, durch
Unsere Leiber gelegt, die fortstreben immer,
Die nicht dableiben können, und die doch
Dableiben, verzagt. Ja, und das eisige Hallen
Unseres Strebens auf den Gleisen, die ins
Nirgendwo gehen, weil sie es Laucha heißen
Oder Merseburg, Leuna, und behaupten,
Daß dort niemand mehr lebt. Jaah!, ich sah schon
Vermessene Onkels kotzen!, brüllt es in mir,
Daß ich es flachhalten will, aber nun ist es raus;
Und der Stab wandert den Bahnsteig hinab.
Jawohl, und das ferne Leuchten Berlin, in den
Striemen eines zerbrochenen Himmels, wo
Ein Band das Glas unserer Träume aufspannt, und
Verwelkt … eine zierliche Tänzerin auf
Dem Drahtseil der Dokumentierens-Mühsal;
Im Leuchten eines Begeisterns zugleich –
Und das Betonband, ein Gleis in den Lüften; so
Geht es hinfort, und wir bemerken es nicht.